Visualisierung des Neubaus (Ecke Kurfürstenstraße/Schillstraße)
Tor zur City West
Es wird ein neuer Hochpunkt am Eingang der City West in Berlin werden: Das 17-geschossige Bürogebäude mit flankierender Wohnbebauung ersetzt das Constanze Pressehaus, das dort zuvor 55 Jahre lang stand. Der Neubau mit der markanten Natursteinfassade und dem großen transparenten Foyerbereich ist ein Service Development, das wir für die Jahr Gruppe ausführen.
Die Kreuzung der Straßen Kurfürstenstraße und An der Urania/ Schillstraße, an der der Bezirk Mitte auf den Bezirk Tempelhof-Schöneberg trifft, ist von beeindruckender Größe. Mehrspurige Straßen, die noch aus der Zeit der autogerechten Stadt stammen, ziehen an einer Gebäudebebauung aus den letzten Dekaden des letzten Jahrhunderts vorbei. In der nahen Zukunft wird dieser Ort insgesamt ein neues Gesicht bekommen. Dazu wurde 2018 in einem Werkstattverfahren zwischen Senat, Bezirken, dem Berliner Immobilienmanagement und den künftigen Bauherren das neue Bebauungskonzept für die gesamte Kreuzung erarbeitet.
Vor allem entstehen sollen hier Büro- und Wohnflächen. In der näheren Planung befinden sich neben dem Neubau der Jahr Gruppe ein Gebäudeensemble an der Schillstraße entlang des Hotels Berlin Berlin, wo Büro- und Wohnflächen und eine Hotelerweiterung ihren Platz bekommen sollen. Die Grundstücke an den verbleibenden beiden südlichen Ecken, die in den Bezirk Tempelhof-Schöneberg fallen, gehören dem Land Berlin. Für das Eckgrundstück an der Kurfürstenstraße/An der Urania ist dort ebenfalls der Bau eines Bürohochhauses mit ergänzender Wohnbebauung geplant. Auf dem kleinen Grundstück An der Urania/Kurfürstenstraße ist ein Neubau für kulturelle Nutzung vorgesehen. Der städtebauliche Entwurf, der aus der Feder von ASTOC Architects and Planners stammt, markiert mit den beiden Bürogebäuden von jeweils etwa 60 Metern auf diese Weise zwei Hochpunkte, die den westlich liegenden Bereich der City West mit ihren Hochhäusern abschließen sollen. Weiter östlich herrscht bei der Bebauung die Berliner Traufhöhe mit einer Maximalhöhe von 22 Metern vor.
Ergebnis des städtebaulichen Werkstattverfahrens, Siegerentwurf von ASTOC Architects and Planners
Pionier dieser Entwicklung ist jedoch das Neubauvorhaben an der Kurfürstenstraße 72-74. Dort wurde bereits das frühere Constanze Pressehaus abgebrochen. Seit den 70er Jahren hatte dort u.a. das Berliner Büro des Verlags Gruner & Jahr seinen Sitz. Das Unternehmen, das sich 1965 mit den Anteilseignern John Jahr, Richard Gruner und Gerd Bucerius neu gebildet hatte, gab Zeitschriften wie Stern und Schöner Wohnen, Constanze und Brigitte sowie die ZEIT heraus.

Zeitschrift Constanze, 1962
An diese Vergangenheit erinnerte der Fund des Grundsteins, der bei den Abbrucharbeiten des alten Pressehauses ans Licht befördert wurde. Er enthielt eine Auswahl von Zeitschriften aus dem Jahr der Grundsteinlegung. Alle bestens erhalten. Das Grundstück, auf dem 1971 das Constanze Pressehaus fertiggestellt worden war, befand sich bereits seit 1967 im Besitz der Familie Jahr, die in dem Gebäude auch eine Wohnung hatte.
Skizze aus den damaligen Entwurfsunterlagen
Ehemaliges Constanze Pressehaus
Projektdaten
Lage:
Berlin-Mitte, Kurfürstenstraße 72-74
Projektvolumen:
ca. 22.000 m² BGF
Architektur:
Barkow Leibinger Architekten, Berlin
Zeitplan:
Projektierung 2017–2025
Bauzeit 2021–2025
Dämmerungsvisualisierung, Kurfürstenstraße
Dämmerungsvisualisierung, Schillstraße
Der Abbruch des Constanze Pressehauses dauerte mehrere Monate, wobei die Schadstoffbeseitigung, die altersbedingt auch Asbest beinhaltete, und der Abbau von recyclebaren Elementen 5 Monate in Anspruch nahm, während der eigentliche Abriss des Gebäudes lediglich zwei Monate dauerte. Im Moment ist die Baugrube im Entstehen, die Anfang 2023 fertiggestellt sein soll.
Der Neubau, der ab 2023 aus dem Boden wachsen wird, umfasst neben dem Büroturm zwei Wohngebäude mit 46 Wohnungen. Das ist fast das Dreifache des Wohnraums, der an dieser Stelle früher existierte. Im Erdgeschoss entstehen neben dem großen transparenten Foyer des Bürohauses Flächen für Einzelhandel und Gastronomie. Gebaut wird nach dem Entwurf des Architekturbüros Barkow Leibinger, das aus dem hochbaulichen Architektenwettbewerbsverfahren 2019 als Sieger hervor ging. Überzeugend für das Preisgericht war vor allem der gestaffelte, skulpturale Baukörper mit seiner lebendigen Fassade, der einen angemessenen und gleichzeitig sehr präsenten Auftritt im Stadtgefüge erzeugt und als neuer Baustein ein wichtiges Zeichen setzt.
2025 soll der Neubau bezugsfertig sein.
Interview mit Adalbert Freiherr von Uckermann
Adalbert Freiherr von Uckermann
Sie sind Geschäftsführer der Jahr Gruppe, des Family Office der Familie Jahr. Neubauvorhaben gehören eigentlich nicht zu Ihrem Alltag. Jetzt sind Sie aber Bauherr eine Büroneubaus. Wie kam es dazu?
Das liegt eigentlich daran, dass die Familie Jahr seit 1967 an der Stelle in Berlin ein Bürogebäude hatte – das Constanze Pressehaus –, dem sie sich schon immer besonders verbunden gefühlt hatte. Denn dort gab es auch eine Wohnung, die von den Familienmitgliedern genutzt wurde. Schließlich kam die Zeit, wo man entscheiden musste, ob man renoviert oder neu baut. In einem aufwendigen Verfahren wurden die unterschiedlichen Optionen durchgeprüft und am Ende kam man zu der Entscheidung, dort ein neues Bürohaus zu bauen, zum ersten Mal als Bauherr. Und da wir personalmäßig dieser Aufgabe nicht gewachsen waren, haben wir HAMBURG TEAM mit der Bauherrenvertretung beauftragt.
Was ist für Sie das Spannende an diesem Projekt?
Es macht mir Spaß, immer wieder neue Dinge zu machen. Und das Schöne an meinem Job ist ja, dass er genau das mit sich bringt, denn so ein Family Office hat sehr breit gestreute Aufgaben. Und so kann eben auch ein Neubauprojekt, das wir bislang in dieser Art noch nicht hatten, plötzlich Teil meines Arbeitsalltags sein.
Insgesamt empfinde ich dieses Projekt als respekteinflößend. Die Thematiken sind für mich komplett neu, vieles konnte und kann ich nicht sofort einschätzen und das sind ja auch die Gründe, warum wir hier einen Service Developer verpflichtet haben. Es macht mir Freude, Teil dieses Prozesses zu sein, an dessen Ende dann ein neues Gebäude steht, das Teil eines neuen Abschnitts der Stadt ist, denn es folgen an dieser Stelle ja auch noch weitere Neubauprojekte. Und wenn dann Ende 2025 die Einweihung stattfindet und alles vermietet ist, dann werde ich mich sicherlich sehr freuen. Aber der Weg dahin erfüllt mich mit ziemlich viel Respekt.
Wenn Sie die bisherigen Erfolge des Neubauverfahrens zusammenfassen sollten, welche wären das aus Ihrer Sicht?
Der wichtigste Erfolg für mich ist, dass wir die Stadt Berlin umfänglich von Anfang an in dieses Verfahren eingebunden haben. Das begann mit dem Werkstattverfahren, in dem man sich mit der städtebaulichen Entwicklung dieser Kreuzung insgesamt beschäftigt hat, an der die Stadt selbst ja zwei Grundstücke besitzt. Vom Beginn des notwendigen Bebauungsplan-Verfahrens bis zu seinem erfolgreichen Abschluss hat es dann ca. 2,5 Jahre gedauert. Das hört sich für einen Nicht-Immobilienmann wie mich sehr lange an, aber wenn man dann hört, dass für so ein Verfahren in Berlin die Durchschnittszeit von neun Jahren gilt, dann klingt das schon ganz anders. Die enge Zusammenarbeit mit der Stadt und sicherlich auch ein paar Zugeständnisse von unserer Seite – wir bauen ca. das Dreifache des Wohnraums, der sich bislang an dieser Stelle befand – haben sich also als ein guter Weg erwiesen. Ein weiterer Erfolg ist auch, dass wir eine deutliche Baumassenvergrößerung realisieren können, und das ist natürlich auch ein entscheidender Grund, warum wir das überhaupt gemacht haben. Die vermietbare Fläche an dieser Stelle erhöht sich etwa um das 2,7fache. Das ist sicherlich auch ein Erfolg, den wir HAMBURG TEAM verdanken, die diesen Prozess entsprechend moderiert haben. Ein einfacher Neubau gleicher Größe wie der Vorgängerbau wäre vermutlich auch wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen.

Freuen sich über den historischen Fund auf der Baustelle: Adalbert von Uckermann, Klaus Heldwein (HT), Ulrich Haupt und Christian Kleinfeldt (v.l.n.r.)
Welche Aspekte sind Ihnen bei der Umsetzung dieses Projektes besonders wichtig, worauf legt die Familie Jahr Wert?
Zunächst einmal bekennen wir uns mit dem Neubau zum Standort. Die Ansprüche an das Gebäude selbst zeigen sich dann bereits deutlich im Architektenentwurf. Der Neubau soll wertig sein. Denn uns geht es ja darum, dieses Haus auch wieder mindestens 50 Jahre zu halten. Wir bauen für den Bestand, und da baut man einfach anders. Man fragt sich z.B., wie die Fassade in zehn Jahren aussehen wird, wenn wir Naturstein verwenden. Wir haben uns da noch nicht endgültig entschieden, welchen Naturstein wir verwenden, weil wir gesagt haben, wir schauen uns an einer Probe erst einmal an, wie der Stein verwittert, denn es ist uns wichtig zu sehen, wie die Fassade später altert. Außerdem streben wir einen DGNB Platin Standard an. Die Mietergruppe, die wir im Auge haben, schaut auf solche Standards. Kurzum: Das Haus soll einfach etwas darstellen.
Was war Ihr bislang schönstes Erlebnis bei diesem Projekt?
Da konkurrieren zwei Sachen miteinander. Zum einen war da der Moment, als ich an dem ersten Pressetermin vor Ort auf der Baustelle teilnahm, und sich in mir so ein Gefühl regte, dass wir auch „ein bisschen stolz“ auf dieses Projekt, auf das, was da entsteht, sein können. Zum anderen war es der Moment, als ich die Baugenehmigung auf dem Tisch liegen hatte. Das war ein echter Meilenstein. Da weiß ich dann doch aus Erfahrung, dass sich das um mehrere Jahre verzögern und Probleme bereiten kann.
Spaß gemacht hat es auch, in den Zeitschriften zu blättern, die in der Plombe waren, die bei den letzten Abbrucharbeiten auf der Baustelle gefunden wurde. Die waren 55 Jahre im Grundstein des früheren Constanze Pressehauses eingemauert gewesen und bestens erhalten.
Welches Feedback würden Sie HAMBURG TEAM auf die bisherige Zusammenarbeit geben?
Ich empfinde die Arbeit von HAMBURG TEAM als hochprofessionell. Da ist man mit Herzblut bei der Sache. Ich denke, es macht in der Regel schon einen Unterschied, ob jemand etwas für sich selbst macht oder als Dienstleister für jemand anderen tätig ist. Oftmals hat man im letzteren Fall dann das Gefühl, dass ein bisschen nach dem Motto „Ach, das passt schon“ gearbeitet wird. Doch HAMBURG TEAM betreibt dieses Neubauvorhaben wirklich mit Herzblut, so als wäre es ein eigenes Projekt. Und das ist etwas, das mir sehr gut gefällt.

Zur Person:
Adalbert Freiherr von Uckermann ist seit 2020 Geschäftsführer der Jahr Gruppe. Der studierte Diplom-Volkswirt war zuvor langjährig Mitglied der Geschäftsführung des Multi Family Office HQ Trust und verfügt über langjährige Erfahrungen im Bankenwesen. Zu seinen früheren beruflichen Stationen gehören u.a. die Investment Banken UBS Deutschland AG und Rothschild GmbH.