Susanne Bregy
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Impact Investing
Impact Investing erlangt nach und nach größere Aufmerksamkeit auf den Finanzmärkten. In Deutschland tritt dafür die Bundesinitiative Impact Investing e.V. ein, deren neue Geschäftsführerin Susanne Bregy ist. Im Gespräch mit unserem HTIM-Geschäftsführer Daniel Werth erläutert Sie, wie es zu ihrem Engagement in diesem Bereich kam und was sie sich für die Zukunft vorgenommen hat.
Daniel: Liebe Susanne, du hast nach vielen Jahren in der klassischen internationalen Finanzindustrie seit Anfang dieses Jahres die Verantwortung als Geschäftsführerin der Bundesinitiative Impact Investing übernommen. Deine Überzeugung zur Konzentration auf Impact Investment-Aktivitäten entstand jedoch bereits früher. Was brachte dich dazu?
Susanne: Danke für diese Frage! Denn die Motivationen, sich auf Impact Investing zu konzentrieren, sind in meinen Augen immer relevant! Es waren in der Tat subjektive und objektive Gründe. Ich habe viele Jahre lang für aggressive Private Equity und Hedge Fonds gearbeitet, und ich musste leider teilweise mit Menschen arbeiten, die wohl unterschiedliche moralische Grundauffassungen hatten. Zu oft war ich in Situationen, in denen das Testosteron vorherrschend war, und damit meine ich Gier, Profitmaximierung, und ganz viele große Egos.
Objektiv hat mich die Weltfinanzkrise von 2007 stark ins Grübeln gebracht. Die Verwerfungen damals waren verheerend. Jeder erinnert sich, wo er oder sie waren, als die Nachricht von der Insolvenz von Lehman Brothers kam. Und um nur eine Auswirkung zu nennen: Aufgrund der Finanzkrise schrumpfte in 2009 das BIP der entwickelten Staaten seit dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal.
Und das waren die Monate, in denen bei mir eine andere Art des Denkens begann. Wie kann ich Verantwortung und Kapital zusammenbringen? Wie kann ich die positive Kraft, die Investitionen innewohnen kann, gezielt verfolgen?
Als ich dann 2011 zum ersten Mal den Begriff „Impact Investing“ hörte, wusste ich: Das ist die Antwort auf meine Fragen. Mein Bauchgefühl damals war riesig! Und ich möchte nie wieder in die „alte“ Welt zurückgehen!
„Objektiv hat mich die Weltfinanzkrise von 2007 stark ins Grübeln gebracht.“
Susanne Bregy
Die Bundesinitiative Impact Investing e.V. (BIII) verfolgt als gemeinnütziger Verein die Vision eines regenerativen Investierens und Wirtschaftens, das sowohl ökologische Grenzen respektiert als auch soziale Standards einhält. Sie sieht Impact Investing als entscheidendes Instrument, um dies zu erreichen und fördert daher die signifikante Reallokation und Mobilisierung von Kapital in Richtung Impact Investing. https://bundesinitiative-impact-investing.org
HAMBURG TEAM ist seit 2023 aktives Mitglied.
Daniel: Welche Ziele hast du dir für deine neue Tätigkeit gesetzt?
Susanne: Für meine Arbeit bei der Bundesinitiative Impact Investing habe ich mir vor allem vorgenommen, das Thema sehr viel stärker in den Mainstream zu bringen. Wir müssen deutlich mehr privates Kapital mobilisieren, um die drängenden Probleme lösen zu können. Außerdem sollte jede Investition unter Risiko-, Rendite- und Impact-Kriterien betrachtet werden – es gibt keine neutralen Investitionen! Aber auch der Staat sollte mit seinen Möglichkeiten, z.B. regulatorischer, bürokratischer oder steuerlicher Natur, dazu beitragen, Investitionen mit einer positiven Wirkung zu unterstützen. Und auch die Transformation der Realwirtschaft spielt für mich eine wesentliche Rolle. Auch die Industrie muss grün werden. Dazu gehört auch die Immobilienbranche.
Impact Investing (= wirkungsorientiertes Investieren) umfasst einen Investmentansatz, der neben einer finanziellen Rendite auch eine messbare ökologische und/oder soziale Wirkung (Impact) erzielen möchte. Während klassische ESG-Strategien in der Regel versuchen, negative Auswirkungen zu vermeiden, suchen Impact Investments gezielt danach, wie man mit kommerziellen und profitablen Geschäftsmodellen fundamentale Probleme lösen kann. Diese Strategien können mit Renditeverzicht einhergehen (Impact First), können durchaus aber auch Marktrenditen erreichen (Finance First).
Daniel: Die Subprime-Krise und die Lehman Brothers-Insolvenz als deren Höhepunkt fielen für mich in die frühe Phase meiner immobilienwirtschaftlichen Berufstätigkeit. Ich erinnere mich, dass dies mein Verständnis eines Rendite-Risiko-Verhältnisses in der Hinsicht prägte, dass es bei jeder Strategie essenziell notwendig ist, die mit dem Renditeziel einhergehenden Risiken wirklich zu kennen und bewerten zu können. Da sind uns im Verständnis – in meinen Augen – andere Märkte oftmals etwas voraus.
Susanne: Da sich Impact Investing vor allem im Bereich der Privatmärkte abspielt – Private Equity, Venture Capital, Private Debt, Real Assets – sind uns vor allem die Angelsachsen voraus, da diese Assetklassen als Investmentstrategien dort deutlich präsenter sind. Hier in Deutschland kam ich oft nicht weiter, weil eben der Zugang zu dieser Assetklasse fehlt – nicht das Interesse an Impact Investing per se. Holland war vor allem auf der grünen Investmentseite lange ein Vorreiter – und die USA sind es immer noch, wenn es um Risikokapital geht. Hätten Paypal, Uber & Co. in Deutschland groß (und finanziert) werden können? Ich bezweifle es. Die Bereitschaft zum Risiko – und auch zum Verlust – ist leider hierzulande deutlich geringer.
Daniel: Ein Risiko im Hinblick auf „ESG“-Investments und Impact Investments ist sicherlich, dass diese Schlagwörter gern schnell als Vertriebsargumente verwendet werden und sich dann leider oftmals als Etikettenschwindel herausstellen. Auch die BaFin hat Greenwashing bereits als großes Risiko für erforderliche Transformationsstrategien bezeichnet. Wie können Kapitalanlegern Sorgen vor Greenwashing genommen werden?
Susanne: Do your homework! Am Ende des Tages sollte jeder Anleger genau hinschauen, wohin das Investment fließt. Das gilt für die finanzielle Seite – aber genauso für die Wirkungsseite. Bloß weil „Impact“ draufsteht, ist noch lange kein „Impact“ drin.
Daniel: Was sind aus deiner Sicht neben eben dieser Notwendigkeit der genauen Prüfung einer Investitionsstrategie weitere wesentliche Treiber für Impact Investing in Deutschland, und welche Rolle spielen dabei regulatorische Vorgaben und die Etablierung von Standards zur Wirkungsmessung zur weiteren Professionalisierung?
Susanne: Zum Thema Wirkungsmessung (IMM – Impact Measurement und Management): Als ich mich 2011 auf das Thema Impact Investing konzentriert habe, hat fast niemand über IMM gesprochen. Es war klar, dass die Wirkung auch geplant und festgehalten wird – aber wir waren als Ökosystem noch viel zu jung, um über Themen wie Standardisierung nachzudenken. Da sind wir heute an einem ganz anderen Punkt. Wir müssen IMM global hinkriegen! Welcher Investor und welcher Fonds hat Lust, sich mit unzähligen Vorgaben auseinanderzusetzen? Hier hat sich enorm viel getan in den letzten Jahren; wir sind auf einem guten Weg.
Und die Regulatorik – Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), Taxonomie, Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) – ist per se sehr wertvoll, vor allem, da die doppelte Materialität gefragt wird – und darauf kommt es schlussendlich an („Real World Impact“). Dass die Regulatorik aktuell einfach zu viel ist und damit viele Teilnehmer verschreckt, ist jedoch auch verständlich. Deshalb mein Aufruf an die Politik: Ansinnen super, Umsetzung… hm. Bitte besser machen!
Daniel: Impact kostet viel Geld. Meine These ist, dass eine wirkliche Transformation ohne verstärkte Mobilisierung von institutionellem Kapital nicht möglich sein wird. Institutionelles Kapital ist For-Profit-Kapital mit dem Erfordernis wettbewerbsfähiger Renditen. Regelmäßig begegne ich der Wahrnehmung, dass positive Wirkung immer auch mit Renditeverzicht einhergeht.
Susanne: Globaler sozialer und grüner Impact muss viel Geld, auch privates, mobilisieren – jedoch kostet Impact Investing keinesfalls Rendite. So muss es auch sein, wenn wir Mainstream werden wollen! Und das müssen wir, denn allein die Finanzierungslücke der SDGs (Sustainable Development Goals) beträgt geschätzte 4,2 Billionen USD pro Jahr.
Und Impact Investing verdient Geld! Es gibt sicherlich Strategien, bei denen ein Renditeverlust akzeptiert werden muss, aber es gibt deutlich mehr Strategien, in denen das nicht der Fall ist. Weltweit sind um die 70% der Impact-Investoren nicht gewillt, auf Rendite zu verzichten, wollen aber trotzdem eine hohe Wirkung haben.
Die Überlegung dahinter ist einfach: Es gibt Probleme, die sich kommerziell (besser) lösen lassen und hieraus können Impact Investing-Strategien abgeleitet werden. Wo das nicht der Fall ist, muss philanthropisches Geld hin.
„In meinen Augen wird das transformative Potenzial im Immobiliensektor noch nicht annähernd ausreichend genutzt.“
Daniel Werth
Daniel: Wir haben in der Immobilienwirtschaft zahlreiche Impact-Handlungsfelder. Dazu gehören insbesondere eine dem sozialen Gefüge zuträgliche Wohnraumschaffung, die Realisierung bedarfsorientierter Nutzungs- und Infrastrukturkonzepte (z.B. Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, ärztliche Einrichtungen, aber auch Spielplätze etc.) und die energetische Transformation, insbesondere des Gebäudebestandes.
In meinen Augen wird das transformative Potenzial im Immobiliensektor noch nicht annähernd ausreichend genutzt. Ich würde die sozioökologische Wirkung in Summe noch als negativ beurteilen.
Susanne: Die Immobilienwirtschaft hat einen wahnsinnig großen Hebel! Die Transformation wird nicht ohne die Immobilienwirtschaft erfolgreich sein! Ob das nachhaltige und recycelte Baustoffe sind (ich bin ein großer Fan von Cradle to Cradle), die Nutzung von Immobilien im grünen und sozialen, bezahlbaren Bereich, aber auch die CO2-Speicherung bei der Holzbauweise – die Themen sind unglaublich vielfältig! Und ohne Immobilien geht einfach gar nichts!
Daniel: Siehst du in dem aktuell durch geopolitische Spannungen und makroökonomische Unsicherheiten geprägten Marktumfeld eher einen Nährboden aufgrund zunehmender Sensibilisierung oder eine Bremswirkung für Impact Investing?
Susanne: Mein Glas ist halbvoll! Auch wenn angstgetriebene Kapitalmärkte nie gut sind für „unsere“ Investments denke ich, dass das geopolitische Umfeld – vielleicht sogar die Covid-Pandemie – Menschen zum Nachdenken bringt und dass da der eine oder andere Gedanke auch in Richtung nachhaltiges Investieren geht.
Daniel: Vielen Dank für das Gespräch, wir freuen uns sehr auf das gemeinsame weitere Engagement!
Über die Personen
Susanne Bregy ist seit Februar 2024 neue Geschäftsführerin bei der Bundesinitiative Impact Investing (BIII). Sie ist seit 2011 im Bereich Impact Investing aktiv, zuerst von London, dann von New York und jetzt von Frankfurt aus. Davor arbeitete sie 12 Jahre lang für traditionelle Private Equity und Hedge Fonds.
Daniel Werth ist Geschäftsführer bei HAMBURG TEAM Investment Management und verantwortet dort den Bereich Gewerbe. Dies umfasst insbesondere die strategische Anlagekonzeption, die Transaktionsaktivitäten sowie das Fonds- und Asset Management.