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Bürger­be­tei­li­gung – Mitspra­che­recht für alle?

Bürger­be­tei­li­gung –
Mitspracherecht
für alle?

Stadt­PlanProjekte
© Lucia Bartl

Parti­zi­pa­ti­ons­pro­zesse bei großen Neubau­vor­haben sind in den letzten Jahrzehnten immer stärker in den öffent­li­chen Fokus geraten. Was genau ist aber unter Bürger­be­tei­li­gung zu verstehen, wann sollte sie beginnen und welche Grenzen hat sie?

Das Wort „Bürger­be­tei­li­gung“ ist heute zwar in aller Munde, doch eins vorweg: Eine verbind­liche Defini­tion hinsicht­lich dessen, was damit gemeint und wer in welcher Weise betei­ligt wird, gibt es nicht. Die Inhalte einer Bürger­be­tei­li­gung können von Fall zu Fall sehr unter­schied­lich sein. In der Bauleit­pla­nung, dem zentralem Planungs­werk­zeug der Stadt­pla­nung, finden sich die einzigen in diesem Kontext gesetz­lich fixierten Vorgaben im § 3 des Bauge­setz­buchs. Danach soll es eine frühzei­tige Infor­ma­tion der Öffent­lich­keit über Ziel und Zweck einer Planung geben sowie deren voraus­sicht­liche Auswir­kungen. Wie das genau zu erfolgen hat, hat der Gesetz­geber jedoch nicht konkre­ti­siert. Später im Bebau­ungs­plan­ver­fahren (B-Plan) ist eine sogenannte formelle Öffent­lich­keits­be­tei­li­gung vorge­sehen. Sie sieht die Ausle­gung der erstellten Planungs­un­ter­lagen für den Zeitraum von vier Wochen vor. Damit verbunden ist die Möglich­keit, Stellung­nahmen abzugeben. Diese werden dokumen­tiert und im Verlauf des weiteren Verfah­rens mit den einge­reichten Stellung­nahmen der Träger öffent­li­cher Belange (wie z. B. Energie­ver­sorger, Wasser­werke, etc.)  mitein­ander abgewogen.

© GEG, Bremen

Planwerk­statt zum Bebau­ungs­plan­ver­fahren im Neuen Hulsberg-Viertel in Bremen, 2014

Wichtig ist auch zu verstehen, welcher Zweck der Veran­ke­rung dieser Betei­li­gung der Öffent­lich­keit im Bauge­setz­buch, die vor etwa 50 Jahren erfolgte, zugrunde liegt. Deutlich formu­liert haben das unlängst Klaus Selle und Ronja Decker, beide Stadt­for­scher und Stadt­planer, in einem gemein­samen Aufsatz für das Netzwerk Bürger­be­tei­li­gung: „Betei­li­gungs­ge­bote in Planungs­ver­fahren haben nicht in erster Linie Demokra­ti­sie­rungs-, sondern (Verfahrens-)Rechtsschutzfunktionen. Ergeb­nisse von Öffent­lich­keits­be­tei­li­gung dienen zunächst nicht der politi­schen Meinungs­bil­dung, sondern fließen in adminis­tra­tive Prozesse ein. Sie sind – zusammen mit Ergeb­nissen der Behör­den­be­tei­li­gung und unter Berück­sich­ti­gung aller Belange, die z.B. in § 1 des BauGB vorge­geben werden – Teil einer »Abwägungs­masse«.“
Es geht also nicht darum, Bürger und Bürge­rinnen bei einem solchen Verfahren mitent­scheiden zu lassen, sondern sie inhalt­lich zu betei­ligen, indem man sie umfas­send infor­miert und ihre Stellung­nahmen und Anregungen mit in den weiteren Verlauf des Verfah­rens integriert.

Die Ausge­stal­tung der gesetz­li­chen Vorgaben durch die Kommunen, vor allem zu einem frühen Planungs­zeit­punkt, wird in der Praxis sehr unter­schied­lich gehand­habt. Handelt es sich jedoch um größere Stadt­ent­wick­lungs­pro­jekte zeigt sich der Trend, inter­es­sierte Bürger und Bürge­rinnen mit umfang­rei­chen Infor­ma­tions- und Betei­li­gungs­for­maten bereits vor der eigent­li­chen Projekt­pla­nung einzu­binden. Die Ergeb­nisse fließen dann in die Auslo­bung des städte­bau­li­chen Quali­fi­zie­rungs­ver­fah­rens ein, das dann Grund­lage der Planung wird. Auch hat sich die Landschaft der Player, die in einem solchen Betei­li­gungs­ver­fahren in Erschei­nung treten, verän­dert. Hatte man es früher mit einer Front­stel­lung zwischen Kommune und Bürgern zu tun, treten heute „… neben verschie­denen kommu­nalen Akteuren und unter­schied­li­chen zivil­ge­sell­schaft­li­chen Gruppen, Initia­tiven und Verei­ni­gungen inter­me­diäre Organi­sa­tionen, freie Träger der Wohlfahrts­pflege, Einzel­händler, Gewer­be­trei­bende, Wohnungs­un­ter­nehmen und zahlreiche Gruppen und Verei­ni­gungen in Erschei­nung“, konsta­tiert Klaus Selle.

© GEG, Bremen

Planwerk­statt zum Bebau­ungs­plan­ver­fahren für das Neue Hulsberg-Viertel in Bremen, 2014

Ein schönes Beispiel dafür, wie Bürger­be­tei­li­gung zu einem sehr frühen Zeitpunkt erfolgen kann, liefert die Quartiers­ent­wick­lung Neues Hulsberg-Viertel, die derzeit auf freige­wor­denen Flächen des Klini­kums Bremen-Mitte Gestalt annimmt. Seit 2012 arbeitet HAMBURG TEAM dort als Projekt­ent­wickler und -steuerer für die eigens von der Stadt für die Reali­sie­rung des Areals gegrün­deten Grund­stücks­ent­wick­lung Klinikum Bremen-Mitte GmbH & Co. (GEG). Florian Kommer, Geschäfts­führer der GEG, erinnert sich: „Bereits 2010 hatte das Bremer Parla­ment die Durch­füh­rung eines frühzei­tigen, innova­tiven Bürger­be­tei­li­gungs­ver­fah­rens beschlossen. Das heißt, noch ehe ein Stadt­planer oder Archi­tekt irgend­einen Strich gesetzt hatte, wurde hier zuerst mit der Zivil­ge­sell­schaft gespro­chen.“ In den sogenannten Bürger­foren wurden 2011 alle wesent­li­chen Themen der Quartiers­ent­wick­lung auf der Basis von Fachgut­achten erläu­tert und disku­tiert. Dazu zählten der Umgang mit den Bestands­ge­bäuden, die Neubau­po­ten­ziale, die Themen Mobilität, Energie­ver­sor­gung, Grünraum und Bäume sowie das Thema Nachhaltigkeit.

Auch die Finanzen wurden nicht ausge­spart. Es war von Anfang an klar, dass die städti­sche Gesund­heit Nord gGmbH (GeNo), Eigen­tü­merin des Areals, eine bestimmte Summe durch den Verkauf der Grund­stücke benötigte, um den in der Bilanz stehenden Buchwert nachzu­halten. „Dadurch kam noch einmal Ernst­haf­tig­keit in die Debatte“, sagt Kommer, „denn alle haben sofort verstanden, dass es bei diesem Projekt auch um Arbeits­plätze und die Erfor­der­nisse eines Kranken­haus­kon­zerns geht und wir hier kein Wolken­ku­ckucks­heim bauen können.“
Die Ergeb­nisse aus den Bürger­foren waren als Anlage Teil der Auslo­bungs­un­ter­lagen für das städte­bau­liche Gutach­ter­ver­fahren, das im Anschluss statt­fand. Damit dürfte das Neue Hulsberg-Viertel zu den ersten B-Plan-Verfahren in Deutsch­land gehören, in dem eine so frühe und umfas­sende Einbin­dung der Öffent­lich­keit statt­ge­funden hat.

© Christina Kuhaupt/GEG, Bremen

Florian Kommer (mit Mikrofon) auf dem Hulsberg-Forum, Bremen 2016

© Christina Kuhaupt/GEG, Bremen

Infover­an­stal­tung zum städte­bau­li­chen Vertrag für das Neue Hulsberg-Viertel, Bremen 2017

„Noch ehe ein Stadt­planer oder Archi­tekt irgend­einen Strich gesetzt hatte, wurde hier zuerst mit der Zivil­ge­sell­schaft gesprochen.“

Florian Kommer

Auch bei unserem Projekt Poßmoorweg, bei dem wir als Service Developer für die Liegen­schaft Immobi­lien und Grund­ver­mögen (LIG) der Stadt Hamburg arbeiten, liegt der Fokus auf einer frühzei­tigen Einbin­dung der Bürger und Bürge­rinnen. Auf dem rund 21.000 qm großen städti­schen Grund­stück zwischen Goldbek­kanal, Poßmoorweg und Barmbeker Straße befinden sich aktuell Klein­gar­ten­flä­chen, ein Bauspiel­platz, ein öffent­li­cher Spiel­platz und ein Bolzplatz, ein Jugend­be­ra­tungs­zen­trum sowie eine kleine öffent­liche Grünfläche. Ziel des zu erarbei­tenden Entwick­lungs­kon­zepts für dieses Grund­stück ist die Klärung, ob die Fläche zumin­dest in Teilbe­rei­chen als Wohnungs­bau­po­ten­zial in Betracht kommen kann. Dabei sollen die bishe­rigen Nutzungen auf dem Areal verbleiben. Ledig­lich die Klein­gar­ten­par­zellen werden durch Nachver­dich­tung in benach­barten Klein­gar­ten­an­lagen Ersatz­stand­orte erhalten. Bislang wurde eine Konzept­studie erarbeitet. Die tatsäch­liche Gestal­tung des Grund­stücks wird derzeit über ein Quali­fi­zie­rungs­ver­fahren entwi­ckelt und im Funkti­ons­plan sowie anschlie­ßend im B-Plan-Verfahren ausge­ar­beitet. Neben der Schaf­fung neuer Flächen für den Wohnungsbau soll das Projekt der Öffent­lich­keit einen erheb­li­chen Mehrwert an Erholungs- und Freizeit­po­ten­tialen durch die Schaf­fung einer Parkan­lage direkt am Kanal bringen. Klar zu sehen ist, dass die angestrebten Verän­de­rungen eine komplette Neuord­nung der bestehenden Nutzungen und Inter­es­sens­lagen auf dem Areal erfordern.

„Unter­schied­liche Inter­es­sens­lagen hat es schon immer gegeben“, sagt Mark Classen, Mitbe­gründer und Geschäfts­führer der urban future GmbH. „Nur hat sich heute der Umgang mit ihnen geändert. Heute geht es vermehrt darum, Inter­essen sichtbar zu machen, zu disku­tieren und einen Inter­es­sens­aus­gleich herbei­zu­führen. Die heute sehr langen, mehrjäh­rigen Planver­fahren machen dies notwendig.“

© Lucia Bartl

Mark Classen beim Bürger­dialog Poßmoorweg

Beim Projekt Poßmoorweg ist sein Unter­nehmen mit der Durch­füh­rung einer Poten­zi­al­ana­lyse, einer Stake­hol­der­ana­lyse und schließ­lich eines Bürger­dia­logs beauf­tragt worden. Ganz bewusst benutzt Classen hier das Wort Bürger­dialog und nicht Bürger­be­tei­li­gung: „Es gibt politi­sche Willens­bil­dungs­pro­zesse und es gibt die gewählten Gremien, die demokra­tisch legiti­miert sind, und nur die müssen diese Entschei­dung treffen und verant­worten. Derje­nige, der initiativ so eine Entschei­dung beein­flusst, der verant­wortet sie ja im Nachhinein nicht. Deswegen sagen wir auch bewusst ‚Dialog‘, denn es ist eine Art von inhalt­li­cher Betei­li­gung, aber es ist keine Betei­li­gung an der Entschei­dung.“ Classen ist davon überzeugt, dass es einer Trans­pa­renz hinsicht­lich der unter­schied­li­chen Inter­essen bedarf, aber zunächst ein Verständnis für das Verfahren in der Öffent­lich­keit herge­stellt werden muss. Für ihn sind Trans­pa­renz, Verständnis und Vertrauen die wesent­li­chen Bestand­teile eines akzep­tierten Planungs­ver­fah­rens. Wenn es an diesen Punkten fehle, wachse die Gefahr, dass das gesamte Planver­fahren ins Stocken gerate.

© Lucia Bartl

Diskus­sion unter den Teilneh­menden, Bürger­dialog Poßmoorweg im Frühjahr 2024

Der Bürger­dialog für das Projekt Poßmoorweg fand im Frühjahr 2024 an zwei aufein­an­der­fol­genden Tagen in Form einer offenen Veran­stal­tung statt. Aufge­baut waren sieben Stationen, über die den Betei­ligten Infor­ma­tionen zum Projekt, zum Verfahren, und den Rahmen­be­din­gungen vermit­telt wurden. An allen Stationen standen Leute bereit, um Fragen zu beant­worten oder Anmer­kungen aufzu­nehmen. „Wichtig ist, dass es kein moderiertes Format ist, damit sich alle in der Tiefe mit dem Thema ausein­an­der­setzen können“, sagt Classen. „Als beson­deres Instru­ment hatten wir in diesem Verfahren das Nutzungs­puzzle entwi­ckelt, weil es primär um das Thema der Nutzungs­kon­kur­renzen ging. Es bot die Möglich­keit, sich haptisch mit diesen ausein­an­der­zu­setzen, darüber mit anderen Teilneh­mern ins Gespräch zu kommen und Strate­gien zu entwi­ckeln, wie man diese Nutzungs­kon­kur­renzen in einen Ausgleich bringen könnte.“ Ein solches Verfahren bietet auch die Möglich­keit, weitere Erkennt­nisse zum Projekt zutage zu fördern, die vorher nicht im Fokus standen, bzw. von einem zentralen Thema überla­gert wurden, wie in diesem Fall von der Nutzungs­kon­kur­renz. „Der Bürger­dialog hat auch gezeigt“, so Classen, „dass es prinzi­piell gar kein Contra für einen Wohnungsbau auf dieser Fläche gibt – nur direkt am Kanal sollten die Häuser nicht entstehen. Und er hat ebenfalls gezeigt, dass es neben den sehr klar pointierten Inter­essen der Stake­holder noch ein großes weiteres Inter­esse der Bewohner und Bewoh­ne­rinnen im Stadt­teil gibt, und zwar den Wunsch nach einer öffent­lich zugäng­li­chen Parkan­lage zum Spazier­gehen und als Treffpunkt.“

„Wir sagen bewusst ‚Dialog‘, denn es ist eine Art von inhalt­li­cher Betei­li­gung, aber es ist keine Betei­li­gung an der Entscheidung.“

Mark Classen

© Lucia Bartl

Einla­dung zum Mitge­stalten: Das Nutzungs­puzzle, Bürger­dialog Poßmoorweg 2024

© Lucia Bartl

Nutzungs­puzzle, Diskus­sion von Varianten bei der Vertei­lung der verschie­denen Nutzungen

Florian Kommer zieht rückbli­ckend eine positive Bilanz der frühzei­tigen Einbin­dung der Öffent­lich­keit in die Planung des Neuen Hulsberg-Viertels in Bremen. Es seien damals alle relevanten Themen auf den Tisch gekommen, sagt er und resümiert: „Ich glaube, eine frühzei­tige Betei­li­gung ist unter­neh­me­risch gesehen bei einem solchen Vorhaben die beste Kommu­ni­ka­ti­ons­idee, die man haben kann. Das hat auch gleich­zeitig mit Legiti­ma­tion zu tun. Alles, was wir getan haben und noch tun, vor allem bei so empfind­li­chen Themen wie dem Abriss von Gebäuden oder dem Fällen von Bäumen, ist öffent­lich bespro­chen worden und basiert nicht allein auf Beschlüssen einer rot-grünen Koali­tion, sondern ist zugleich Ergebnis einer Bürger­be­tei­li­gung, die auch andere politi­sche Stimmen einge­fangen hat.“ Kritisch sieht er, dass es große Lücken in der Kommu­ni­ka­tion mit der Öffent­lich­keit in der Zeit vom Entwurf des B-Plans bis zu seiner Festset­zung gegeben hat. In dieser Zeit sei das Projekt faktisch nicht voran­ge­gangen und folglich hätte es auch keine Ansätze für weitere Kommu­ni­ka­ti­ons­for­mate gegeben. Konti­nuität in der Kommu­ni­ka­tion sei aber wichtig, sagt Kommer: „Das lange Verfahren und weitere Verzö­ge­rungen beim Freiziehen der Bestands­ge­bäude haben die Kommu­ni­ka­tion in diesem zunächst vorbild­lich gestar­teten Verfahren im weiteren Verlauf zerfa­sert.  Es gab leider auch keinen formellen Abschluss, kein ‚Jetzt sind wir fertig, vielen Dank! Es sind zwar nicht alle zufrieden, es ist aber ein guter Kompro­miss. Das haben wir gut gemacht!‘. Dieses Abschließen des inten­siven Kommu­ni­ka­ti­ons­pro­zesses hat es nie gegeben.“

© Christina Kuhhaupt/GEG Bremen

Bürger­forum Neues Hulsberg-Viertel: Raum für Fragen außer­halb der gesetzten Agenda

Bei den Lehren, die Florian Kommer aus der Bürger­be­tei­li­gung beim Neuen Hulsberg-Viertel gezogen hat, steht für ihn eine ganz weit oben. Kommer hält es für wichtig, dass künftig bei Projekten dieser Größen­ord­nung eine bewusste Auswahl der Menschen erfolgt, die betei­ligt werden sollen. Nur so lasse sich ein reprä­sen­ta­tiver Durch­schnitt der Zivil­ge­sell­schaft abbilden. „Das wird zum Beispiel jetzt gerade bei der Neuge­stal­tung der Bremer Innen­stadt so gemacht,“ berichtet er. „Aus einer Gruppe von zufällig ausge­wählten Menschen aus allen Milieus und Stadt­teilen ist ein Bürger:innenrat entstanden, der jetzt zusammen mit Fachleuten gemeinsam Handlungs­emp­feh­lungen für Projekte in der Bremer Innen­stadt erarbeitet.“ Kommer erinnert sich, dass in der Bürger­be­tei­li­gung zum Neuen Hulsberg-Viertel vor allem ältere, nicht-migran­ti­sche, bildungs­nahe und (nur) aus dem Stadt­teil kommende Menschen vertreten waren. „Und ich würde noch einen drauf­setzen und sagen, dass die Hälfte von denen, die heutzu­tage zu so einem Betei­li­gungs­format kommen, in erster Linie gegen das Projekt sind“, ergänzt er. „Und weil das Meckern mittler­weile so verbreitet und ein liebes Hobby ist, sagen die Gutwil­ligen, die mögli­cher­weise Konstruk­tives beizu­steuern hätten, ‚nee, lass, ich bleib’ lieber zuhause‘. Ich glaube, einfach in die Stadt zu rufen und zu sagen ‚kommt, wir betei­ligen euch‘, das funktio­niert nicht mehr.“

In einer durch digitale Medien immer stärker vernetzten Welt können sich Bürger und Bürge­rinnen heute besser Gehör verschaffen und das Bedürfnis nach Teilhabe an der Gestal­tung von Dingen, die in den Fokus eigener Inter­essen geraten, wächst. Auch für Projekt­ent­wickler hat sich damit das Arbeits­spek­trum verän­dert und verän­dert sich weiter. Prinzi­piell trennen muss man hier zwischen Projekten, die auf Initia­tive eines Projekt­ent­wick­lers in Abstim­mung mit dem zustän­digen Bezirksamt außer­halb von B-Plan-Verfahren reali­siert werden, und städte­bau­li­chen Projekten, die im Rahmen eines B-Plan-Verfah­rens umgesetzt werden. Bei Letzteren muss die Integra­tion von Stake­hol­dern und Inter­es­sierten umfäng­li­cher sein, da z.B. eine große Quartiers­ent­wick­lung stärker in den Stadt­teil und in das Leben der Menschen eingreift. Hier ist gemein­sames Nachdenken, z.B. anhand von Werkstatt­for­maten wichtig und das Einbe­ziehen lokalen Know-hows in jedem Fall eine Berei­che­rung für das Projekt. „Wir als Projekt­ent­wickler müssen an diesen Verfahren aktiv mitwirken“, sagt Bastian Humbach, Geschäfts­führer bei HAMBURG TEAM, denn wir stehen in der Verant­wor­tung, das, was wir da vorhaben, zu erklären. Wir müssen aber auch Grenzen setzen, den Betei­li­gungs­spiel­raum klar umreißen, damit wir dann später nicht Dinge in unser Pflich­ten­heft diktiert bekommen, die wir gar nicht leisten können.“ Bei Projekten, die außer­halb von B-Plan-Verfahren umgesetzt werden, gestaltet sich das Thema Betei­li­gung noch einmal ganz anders, da in diesem Fall der Projekt­ent­wickler mit einem konkreten Bauvor­haben an den Bezirk heran­tritt. „Wenn wir aber von vornherein wissen, dass da ein großes öffent­li­ches Inter­esse besteht, bieten wir auch Dialog­ver­fahren an“, sagt Humbach, „jedoch sind die Möglich­keiten der Mitge­stal­tung hier geringer, da die städte­bau­li­chen Program­ma­tiken dann schon feststehen. Zu entspre­chenden Veran­stal­tungen kommen mehrheit­lich Menschen, die tenden­ziell gegen das Projekt und damit schwer von ihm zu überzeugen sind. Und als Projekt­ent­wickler können wir auch keine politi­schen Debatten führen, wie sie unter dem Schlag­wort ‚Recht auf Stadt‘ geführt werden. Parti­zi­pa­tion um jeden Preis funktio­niert aus meiner Sicht nicht immer. Es kommt auf das Projekt an und die indivi­du­ellen Möglich­keiten, die es hierfür bietet.“

„Parti­zi­pa­tion um jeden Preis funktio­niert aus meiner Sicht nicht immer. Es kommt auf das Projekt an und die indivi­du­ellen Möglich­keiten, die es bietet.“

Bastian Humbach

Bürger­be­tei­li­gung ist wichtig und wird – vor allem in städti­schen, bereits stark verdich­teten Räumen – noch wichtiger werden, um frühzeitig Inter­es­sens­kon­kur­renzen erkennen, gute Kompro­misse finden und Planungs­pro­zesse sicher zum Ziel bringen zu können. Gefragt sind hierbei dem jewei­ligen Projekt angemes­sene Infor­ma­tions- bzw. Parti­zi­pa­ti­ons­for­mate sowie konstruk­tive Akteure auf allen Seiten.

Bürger­dialog Poßmoorweg: Feedback & Dialog

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