1 Thema – 3 Blickwinkel

1 Thema – 3 Blickwinkel

Exclu­sive

Geför­derter Mietwohnungsbau
Das Ziel der Bundes­re­gie­rung ist die Schaf­fung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Davon sollen 100.000 Wohnein­heiten auf den geför­derten Wohnungsbau entfallen. Wie weit man in Deutsch­land davon entfernt ist, diese gesteckten Ziele zu errei­chen, zeigen die Prognosen des Ifo-Insti­tuts. Sie kalku­lieren für 2024 die Fertig­stel­lung von insge­samt nur etwa 225 000 Wohnungen. Im geför­derten Wohnungsbau wird das Neubau­ziel ebenfalls eklatant verfehlt. Während der Boomphase der vergan­genen 10 Jahre konnten die Fertig­stel­lungs­zahlen zu keiner Zeit die 30.000 Wohnein­heiten überschreiten. Beim anhal­tenden Abwärts­trend wäre es schon ein kleiner Erfolg, wenn diese Zahl für das Jahr 2024 nicht unter 20.000 Wohnein­heiten liegen würde.

Ansicht des Objektes vom Gartenbereich im Projekt Vogelweide© Werner Huthmacher

Geför­derter und frei finan­zierter Wohnungsbau in der Vogel­weide, Hamburg

Ausgangs­lage
Die Förde­rung des sozialen Wohnungs­baus in Deutsch­land erfolgt durch eine Vielzahl von Programmen auf verschie­denen Ebenen. Neben den Bundes­för­der­pro­grammen über die KfW (Kredit­an­stalt für Wieder­aufbau) und das Bundes­mi­nis­te­rium des Innern und für Heimat gibt es die Landes­för­der­pro­gramme sowie die kommu­nalen Förder­pro­gramme. Es gibt jedoch keine einheit­li­chen Förder­be­din­gungen, sodass die Rahmen­be­din­gungen für alle Markt­teil­nehmer immer indivi­duell geprüft werden müssen. Langwie­rige und teilweise sehr schwie­rige Abstim­mungs­pro­zesse mit den Förder­banken und Ämtern erschweren die Umset­zung der Projekte und verkom­pli­zieren auch die Vermie­tung der Wohnein­heiten. Signi­fi­kante Unter­schiede bei den Förder­pro­grammen sind u.a.:

  • die Höhe der Förder­dar­lehen und die Höhe der Tilgungszuschüsse;
  • die Höhe des Zinses und der Tilgung;
  • die Bindungs­dauer (i.d.R. zwischen 20-40 Jahren), teilweise flexibel wählbar (wie z.B. in Baden-Württem­berg oder Rheinland-Pfalz);
  • die Auswahl­kri­te­rien beim Mieter­be­satz und der Mieter­struktur: freie Auswahl der Mieter gemäß der entspre­chenden Förder­richt­linie oder anteilig feste Zuwei­sung für vordring­lich Wohnungs­su­chende (sog. WA-Bindung, die mit einem expli­ziten Benen­nungs­recht des zustän­digen Bezirks­amtes einhergeht).

ESG-konforme Anlage­stra­te­gien für langfristig orien­tierte Inves­toren beinhalten im Bereich Wohnen heute geför­derten und preis­ge­dämpften Wohnungsbau. Während sozialer Wohnungsbau – primär aufgrund der sehr geringen Mieten, restrik­tiven Anpas­sungs­mög­lich­keiten, langen Bindungs­zeit­räume etc. – jahre­lang kein attrak­tives Invest­ment­pro­dukt für insti­tu­tio­nelle Anleger war, hat in der jüngeren Vergan­gen­heit ein Umdenken statt­ge­funden. Insbe­son­dere die attrak­tiven Förder­dar­lehen (teilweise 0%) vs. Markt­zins (4%) ermög­li­chen es in der jetzigen Zeit, Inves­toren die notwen­digen Renditen zu erwirt­schaften. Dieser positive Impuls wird leider durch die Verknap­pung der KfW-Mittel und insbe­son­dere durch den stetigen Zinsan­stieg auf derzeit deutlich über 3,0% p.a. stark dezimiert.

Entwicklung Bestand Sozialwohnungen und Fördermittel

Lösungs­an­sätze
Um die Inves­ti­tionen in geför­derten Mietwoh­nungsbau langfristig zu beför­dern, sehen wir aus Sicht des Invest­ment Manage­ments folgenden Handlungsbedarf:

  • Schaf­fung von Anreizen und Planungs­si­cher­heit für Entwickler und Investoren,
  • Verein­heit­li­chung bzw. Anglei­chung der Förder­pro­gramme (zumin­dest bei den Basisparametern),
  • Entwick­lung effek­ti­verer Struk­turen bei der Vergabe der Förder­dar­lehen und der Übertra­gung der Darlehen vom Projekt­ent­wickler auf den Endinvestor,
  • Imple­men­tie­rung einer effek­ti­veren und schnel­leren Freigabe für Mietinteressenten,
  • Reduzie­rung statt weiterer Ausdeh­nung der Bindungs­dauer (Basis 20 Jahre),
  • Bereit­stel­lung von zinsgüns­tigen und tilgungs­freien Darlehen,
  • Gewäh­rung erhöhter Mietzu­schüsse statt Tilgungs­zu­schüsse (langfris­tiger und im Verkaufs­fall weiter­zu­ge­bender Effekt vs. Einmal­ef­fekt beim Erstkäufer),
  • Koppe­lung der Indexie­rungs­mög­lich­keiten an die Infla­tion (sowohl für die Mieten als auch für die sonst festen Mietzuschüsse).
Pedro Manuel de Sousa Machado© Sinje Hasheider

„Geför­derter Wohnungsbau ist für Inves­toren, gerade auch unter ESG-Gesichts­punkten, ein fester Baustein in ihrer Anlage­stra­tegie. Darüber hinaus ermög­licht er aktuell, wirtschaft­liche Stabi­lität ins Portfolio zu bringen und in der jetzigen Markt­lage die erfor­der­li­chen Renditen zu erwirt­schaften. Damit das so bleibt bzw. weiter ausge­baut werden kann, braucht es Rahmen­be­din­gungen, die Zuver­läs­sig­keit und Konti­nuität bei der Förde­rung, vor allem bei der KfW gewährleisten.“

Pedro de Sousa Machado, Geschäfts­führer Wohnen bei HAMBURG TEAM

In der Projekt­ent­wick­lung ist deutlich zu erkennen, dass sich die Faktoren, die aktuell den Wohnungs­neubau im Allge­meinen hemmen, gleicher­maßen negativ auf die Umsetz­bar­keit der Projekte auswirken, die das Ziel verfolgen, geför­derte Wohnraum­an­ge­bote im Neubau­seg­ment zu schaffen. Es ist daher notwendig, auf allen Ebenen verbes­serte Rahmen­be­din­gungen zu schaffen, mit dem Ziel, den Quadrat­meter Wohnfläche günstiger herzu­stellen. Allein die Subven­tion durch Förde­rung ist nicht ausrei­chend, um die notwen­dige Beschleu­ni­gung im sozialen Wohnungsbau zu erzielen, der auch an einer Wieder­be­le­bung des frei finan­zierten Miet- und Eigen­tums­woh­nungs­marktes hängt. Der allei­nige Fokus auf ein isoliertes Teilseg­ment des Wohnungs­marktes wird mittel- bis langfristig nicht erfolg­reich sein können und zu sozialen Spannungen und zu einer zuneh­menden Verdrän­gung der schwächsten Mieter inner­halb des Wohnungs­marktes führen.

Die Bauin­dus­trie ist gefor­dert, die innova­tiven Methoden des System- oder Modul­baus weiter­zu­ent­wi­ckeln, um so den Bau von geför­dertem Wohnraum kosten­güns­tiger zu reali­sieren. Gleich­zeitig müssen die Vielzahl an Normen und anerkannten Regeln der Technik sowie die hohen Anfor­de­rungen an den Schall­schutz, die allesamt das Bauen teuer machen, auf den Prüfstand.

Ein vielver­spre­chender Ansatz zur Kosten­re­duk­tion und zur Verein­fa­chung der Baupro­zesse stellt der Gebäu­detyp E dar. Er soll den Bau von Wohnge­bäuden durch den Verzicht auf übermä­ßige techni­sche Standards verein­fa­chen, ohne dabei die grund­le­genden Sicher­heits- und Gesund­heits­an­for­de­rungen zu vernach­läs­sigen. Die Überprü­fung und Verein­fa­chung von Normen zielt darauf ab, zwischen sicher­heits­tech­ni­schen und Komfort­stan­dards zu unter­scheiden. Der Gebäu­detyp E geht zurück auf eine Initia­tive der Bayeri­schen Archi­tek­ten­kammer. Mehrere Landes­ar­chi­tek­ten­kam­mern sowie die Bundes­in­ge­nieur­kammer unter­stützen diese Initia­tive zur Prüfung und Einfüh­rung des Gebäu­de­typs E aktiv. Der Baupro­zess soll auf diese Weise beschleu­nigt und verein­facht und Wohnraum kosten­güns­tiger und schneller geschaffen werden. Davon würde auch der soziale Wohnungsbau profi­tieren. Pilot­pro­jekte in Bayern sollen zeigen, dass die Umset­zung des Gebäu­de­typs E bereits jetzt möglich ist und praktisch erprobt wird.

Des Weiteren spielt Geschwin­dig­keit im Projekt eine wichtige Rolle: Die Planung muss zügig umgesetzt werden können und die Geneh­mi­gungs­läufe müssen beschleu­nigt werden, um in Zeiten des teureren Geldes die Gesamt­pro­jekt­lauf­zeiten zu verkürzen. Hierbei fällt der Digita­li­sie­rung von Planungs­pro­zessen eine Schlüs­sel­rolle zu, aber auch die Bearbei­tungs­fristen der Verwal­tung bis zur Bauge­neh­mi­gung müssen verkürzt und effizi­enter gestaltet werden, d.h. Bürokratie muss abgebaut werden, um den gesamten Prozess für alle Betei­ligten zu vereinfachen.

Für eine effizi­ente Planung, die wenig Fläche verbraucht und Quali­täten für die Bewohner schafft, ist Flexi­bi­lität im Grund­riss erfor­der­lich; Vorgaben, die bis in die Organi­sa­tion des letzten Abstell­raumes alles vorgeben und festlegen, sind kontra­pro­duktiv und verhin­dern Innova­tion und kosten­güns­tige Lösungen.

Das Grund­stück selbst, auf dem der soziale Wohnungsbau errichtet wird, ist ebenfalls ein entschei­dender Faktor: die Auswei­sung und Bereit­stel­lung von erschlos­senem Bauland seitens der öffent­li­chen Hand zu Einständen, die die Errich­tung von sozialem Wohnungsbau möglich machen, muss daher priori­siert werden.

Bastian Humbach© Sinje Hasheider

„Im Bereich der Projekt­ent­wick­lung sind Maßnahmen zur Kosten­re­duk­tion, Bürokra­tie­abbau sowie die priori­sierte Bereit­stel­lung von erschlos­senem Bauland die wesent­li­chen Stell­schrauben, um den Wohnungsbau generell und damit auch den geför­derten Wohnungsbau langfristig zu beleben.“

Bastian Humbach, Geschäfts­führer Projekt­ent­wick­lung bei HAMBURG TEAM

Aus Sicht des Property Manage­ment lässt sich sagen, dass geför­derte Mietwoh­nungen aufgrund des geringen Mietpreises immer gute und direkte Anschluss­ver­mie­tungen haben. Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Hinzu kommen stabile Mietein­gänge durch die Übernahme der Mieten durch Behörden wie Arbeits- oder Sozialamt sowie eine geringe Fluktua­tion. Der Betreu­ungss­auf­wand ist durch­schnitt­lich höher einzu­schätzen, wobei sich der Aufwand regel­mäßig reduziert, wenn die Sozial­woh­nungen Teil eines sozial gemischten Wohnquar­tiers mit frei finan­zierten Wohnungen sind.  Als Pluspunkt zeigt sich die Möglich­keit – handelt es sich bei den Objekten um Ankäufe aus unserem Invest­ment-Zweig –, bei der Auswahl der Mieter aktiv Einfluss nehmen zu können. Prinzi­piell bedarf es bei der Verwal­tung einer guten und strin­genten Kommu­ni­ka­tion, um sich mögli­cher­weise entwi­ckelnden Problemen frühzeitig Einhalt zu gebieten.

Werden die oben genannten Maßnahmen umgesetzt, schaffen sie die notwen­digen Voraus­set­zungen, um den sozialen Wohnungsbau unter Bedin­gungen zu reali­sieren, die es sowohl Entwick­lern als auch Endab­neh­mern ermög­li­chen, ihre Inves­ti­tionen auf Basis solider Kalku­la­tionen zu planen. Dadurch wird der soziale Wohnungsbau ein inves­ti­ti­ons­fä­higes Produkt, das relevant zur Erhöhung des Angebots beiträgt und somit einen effek­tiven Ausweg aus der Krise der fehlenden Sozial­woh­nungen bieten kann.

Zu Errei­chung der Ziele ist jedoch eine enge Zusam­men­ar­beit zwischen Politik und Immobi­li­en­wirt­schaft unerläss­lich. Es braucht klare und verläss­liche Rahmen­be­din­gungen, die auch auf die Praxis abgestimmt sind. Nur so können bürokra­ti­sche Hürden abgebaut und Prozesse effizi­enter gestaltet werden. Innova­tive Baukon­zepte müssen ermög­licht werden, um die Grund­lage für kosten­güns­tigen und schnellen Wohnungsbau zu legen. Nur durch eine gemein­same Anstren­gung von Politik, Verwal­tung und Wohnungs­wirt­schaft kann die Heraus­for­de­rung des bezahl­baren Wohnraums erfolg­reich gemeis­tert werden.

Hardy Schlosser© Sinje Hasheider

„Unter dem Blick­winkel des Property Manage­ments stehen geför­derte Mietwoh­nungen aufgrund der niedrigen Miete zunächst für regel­mä­ßige und gute Anschluss­ver­mie­tungen und gesicherte Mieten. Unsere Erfah­rung zeigt, dass eine gute Kommu­ni­ka­tion aufkom­menden Problemen in der Mieter­struktur frühzeitig Einhalt gebieten kann.“

Hardy Schlosser, Teamleiter Property Manage­ment bei HAMBURG TEAM

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